Der etwas andere Blogeintrag für Dich. Mit diesem Textauszug eines wunderbaren Artikels aus dem Magazin „Teddybär und seine Freunde“ (Ausgabe 4/1994) möchte ich Dir einen Blick zurück in die Teddybär-Vergangenheit gewähren.
Wie war das eigentlich damals?
Wenn heute ein Sammler und Liebhaber einem kleinen, zottigen Teddybären über das Fell streicht, ihm die Schleife richtet oder ein Höschen verpasst, ihm möglicherweise seine Sorgen oder auch freudigen Geheimnisse anvertraut, könnte fast jeder dieser Plüschgesellen aus vergangenen Tagen erzählen und darüber berichten, wo seine Wiege gestanden hat.
Natürlich ist es bei den Bären von hohem Adel, die mit einem Knopf im Ohr geboren wurden, leicht, ihre Identität festzustellen. Meist haben sie einen schwäbischen Akzent. Doch von denen soll hier keine Rede sein, sondern von den Millionen anderen Unbekannten, dem eigentlichen „Fußvolk“, die auch bei den Teddys die Mehrheit ausmachen.
Sie kamen fast alle aus dem Raum Neustadt/ Sonneberg und trugen kaum ein Etikett oder ein anderes Markenzeichen. Sie sind nicht identifizierbar und werden nie ihren Stammbaum vorzeigen können. Das hat mit der komplizierten Organisation der Spielwarenindustrie zu tun, der damals das sog. Verlagssystem zugrunde lag. Hier eine einfache Darstellung: der Verleger war eine Art Großhändler. Er sorgte für Absatz, hatte die guten Verbindungen zu den großen heimischen Spielzeuggeschäften und zu den großen Einkaufshäusern in aller Welt, die deutsche Spielwaren importierten und dann auf ihrem nationalen Markt weiterverkauften. Bei dem Verleger liefen auch die Bestellungen zusammen, die ihn aus den Ländern rund um den Globus erreichten.
Der Verleger, der hauptsächlich in Sonneberg, aber auch in Neustadt ansässig war, gab diese Bestellungen – beispielsweise über Tausende von Teddybären – nun mit genauen Angaben über Größe, Farbe und Verarbeitung weiter an den örtlichen Fabrikanten. Der wiederum vergab Einzelaufträge, wie Arme, Beine, Stopfen usw. als Hausarbeit an die Heimarbeiter.
Wenn dann alles fertiggestellt war, liefen die Fäden beim Fabrikanten zusammen. Die Heimarbeiter lieferten die fertig genähten Arme oder Beine beim Fabrikanten ab, kassierten ihren Lohn und nahmen den nächsten Auftrag mit nach Hause. Der Fabrikant wiederum komplettierte den Teddybären, scheibte zusammen, zog die Augen ein. Natürlich gab es auch Fabrikanten, die ohne Heimarbeiter arbeiteten und alle Arbeiten in ihren Fabrikräumen abwickelten.
In den 30er Jahren änderte sich das System. Die Rolle der Verleger trat mehr und mehr in den Hintergrund. Die Fabrikanten lieferten direkt an den Handel oder später an die großen Warenhäuser oder Versandunternehmen. Die Heimarbeiter wurden mehr und mehr selbstständig.
Deutlich wird in diesem Fall, dass der Fabrikant Einzelaufträge durchführen, den Liefertermin einhalten und dann die Rechnung kassieren musste. Demzufolge musste er eine ganze Menge an Eigenverantwortung und Risiko tragen sowie erhebliche finanzielle Mittel aufbringen.
Es stellt sich deshalb die Frage, wer oder was ist eigentlich ein solcher Teddybärmacher: ist er Heimarbeiter, ist er Hausgewerbetreibender oder Hausindustrieller? Als Hausgewerbe ist eine Tätigkeit anzusehen, die in eigenen oder gemieteten Räumen allein oder mit Familienangehörigen ausgeübt wird. Die Stellung des Hausgewerbetreibenden ist unterschiedlich – je nachdem, ob er mit Hilfskräften Fertigprodukte an den Großhandel, den Verleger, das Einkaufshaus oder auch an den Einzelhandel gegen Rechnung liefert. Oder ob er nur eine Teilarbeit für einen anderen Fabrikanten fertigt.
Der Hausgewerbetreibende wurde steuerlich als Selbstständiger betrachtet. Er produzierte und lieferte auf eigene Rechnung an den Handel. Er bestimmte seine Arbeitszeit selbst, war aber den Terminvorgaben unterworfen. Zu spät gelieferte Ware wurde nicht abgenommen.
Und jetzt wird es kompliziert: Hausgewerbetreibende nannten sich auch Fabrikanten. Mit anderen Worten, der Bergriff Fabrikant lässt sich nicht unbedingt auf eine spezielle Tätigkeit schließen. Die Teddybärenmacher, insbesondere in Neustadt/ Coburg bezeichneten sich auch als Plüschtierstopfer, Fabrikant feiner Plüschtiere oder Plüschspielwaren aller Art.
Fest steht jedoch, dass die Sammler Abschied nehmen müssen von dem Wunsch, dass jeder Teddybär genau identifiziert werden könnte. Bei dem geschilderten System wurden von denjenigen, die Teddybären bestellten, eindeutige Vorgaben gemacht. Diese Bären wurden dann angefertigt, namenlos, in irgendwelchen Hinterstuben, kleinen Arbeitsräumen oder in größeren, fabrikähnlichen Etablissements.
Nur wenige dachten in jener Zeit daran, die produzierten Teddybären zu markieren oder vielleicht zu fotografieren. Denn niemand ahnte, dass Teddybären einmal als Sammlungsobjekt betrachtet werden würden. Oder als Wertanlage. Deshalb werden Millionen Teddybären ohne Stammbaum bleiben.
Hinweis: Alle Kommentare werden manuell von mir bestätigt.